Die schweizerischen Medien mit Adlerblick betrachtet - Einführung
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ZUR EINFÜHRUNG
Die "Weltwoche" als publizistisches Flagschiff des Jean Frey-Verlags hat sich bei den Kennern der Medienszene Schweiz sowie bei Teilen ihrer kritischen Leserschaft seit des - vorübergehenden - Kaufs des erwähnten Verlags durch die noch recht junge Swiss First Bank und der anschliessenden Übernahme durch Aktionärskreise, die grossmehrheitlich mit der Swiss First Bank und deren CEO finanziell und persönlich eng verbunden sind, durchaus begründet die REPUTATION erworben, DAS INOFFIZIELLE PARTEIORGAN DER SCHWEIZERISCHEN VOLKSPARTEI (SVP) der Schweiz (Parteipräsident Ulrich Maurer) sowie der SVP des Kantons Zürich (Parteipräsident Dr. Christoph Blocher) zu sein. Unter den Verwaltungsratsmitgliedern bzw. Aktionären des Jean Frey Verlags figurieren Personen, die die politischen Intentionen des SVP-Bundesratskandidaten Dr. Christoph Blocher teils offen unterstützen: Der Financier Dr. Tito Tettamanti und der SVP-Nationalrat Dr. Hans Kaufmann (Kanton Zürich) sind in diesem Zusammenhang namentlich zu erwähnen. Vor den National- und Ständeratswahlen vom 19. Oktober 2003 schrieb der heutige Chefredaktor der "Weltwoche", Roger Köppel, einen Artikel, in dem er gar die Wahl der SVP seinen Leserinnen und Lesern empfahl. Der Bundeshauskorrespondent der "Weltwoche", Urs Paul Engeler, hat in zahlreichen Artikeln in eindeutiger Weise Partei für die SVP ergriffen, wobei er die Argumentation der Nationalräte Dr. Christoph Blocher und Ulrich Maurer übernommen und journalistisch unterfüttert hat.
Ein Beispiel hierfür ist der in der "Weltwoche" Nr. 45 vom 6. November 2003 erschienene Artikel "Die Wahl-Manipulatoren". Dieser veranlasste mich, der Redaktion der "Weltwoche" am 7. November 2003 einen Leserbrief zu mailen. In beiliegender Dokumentation sind mein Leserbrief sowie die per e-mail geführte Korrespondenz mit der Redaktion der "Weltwoche" wiedergegeben - der Leser kann seine Schlussfolgerungen daraus ziehen. Meines Erachtens bestätigt diese Dokumentation die gegenwärtige Reputation der "Weltwoche" treffend. Anzumerken ist, dass sich die "Weltwoche"-Redaktoren Urs Paul Engeler sowie Markus Schneider offensichtlich von meinem Leserbrief sowie der daraus resultierenden Korrespondenz in der "Weltwoche" Nr. 46 vom 13. November 2003 partiell inspirieren liessen, wie ein Quervergleich mit deren Artikeln "Freisinn: KAPITULATIONS-VERHANDLUNGEN - Mit Franz Steinegger hinab durch die Mitte, mit Christine Beerli über links oder mit Hans-Rudolf Merz nach rechts? Das Ende der Irrfahrten der FDP wäre die Opposition" bzw. "Bern Bundeshaus: EINE NEUE ART MINISTER. Setzt sich das Christoph-Blocher-Prinzip durch, verliert der heutige Bundesrat an Legitimation. Die Regierung besteht dann noch aus sieben Parteidelegierten" beweist. Die Ähnlichkeiten sind offensichtlich nicht zufällig. Dass Markus Schneider nunmehr eine kritische Haltung gegenüber Dr. Christoph Blocher und der SVP einnimmt, ist ebenso wenig ein Zufall: Er wird die Redaktion der "Weltwoche" wegen der heutigen SVP-Orthodoxie ihres Chefredaktors Roger Köppel wie zahlreiche andere teilweise langjährige "Weltwoche"-Redaktoren verlassen.
Die Frage, ob die gekürzte und von mir autorisierte Fassung meines Leserbriefs demnächst im inoffiziellen, wöchentlich erscheinenden SVP-Zentralorgan erscheinen wird oder nicht, konnte zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden und ist aus meiner Sicht mittlerweile nicht länger von Belang. Von Interesse ist lediglich, dass argumentativ gut begründete libertäre, klassisch-liberale oder neoliberale Meinungen, die nicht mit den Intentionen der SVP bzw. jenen der Herren Dr. Christoph Blocher/Roger Köppel übereinstimmen, mit durchsichtigen Argumenten selbst in den Leserbriefspalten der "Weltwoche" keinen Platz finden bzw. ausgegrenzt werden. Auch in dieser Beziehung findet eine Angleichung des illiberalen Stils gegenüber Andersdenkenden zwischen der verblocherten SVP und der verköppelten "Weltwoche" statt. Zu gewissen Zeiten nannte man die Praktizierung dieser Methode "Gleichschaltung". Mit dem von Blocher und Köppel erhobenen Anspruch, "liberal", "konservativ" oder "bürgerlich" zu sein, hat dies nichts zu tun, sondern vielmehr sehr viel mit dem antibürgerlichen Totalitarismus, dem antibürgerlichen Autoritaris-mus sowie dem antibürgerlichen - linken wie rechten - Populismus. Die "Weltwoche" ist mittlerweile dem gehobenen Boulevard- bzw. einem parteiischen, gezielt provozierenden Journalismus verpflichtet. Die verblocherte SVP als archetypenhaft rechtspopulistische Kraft wendet die gezielte Provokation propagandistisch im Sinne des Polit-Boulevards auf tieferem "Blick"-Niveau an und kann gleichfalls Erfolge feiern. Damit ist der Vorrat an Gemeinsam-keiten zwischen "Weltwoche" und SVP längst nicht erschöpft.
Eine Prognose sei gewagt: Wir - unabhängigen - Libertären werden am Ball bleiben und unseren Gegnern (nicht Feinden - wir sind nicht Anhänger von Carl Schmitt) meist einen Schritt voraus sein. Mit deren Pawlowschen Reflexen ist stets zu rechnen...
Andreas K. Winterberger, 24. November 2003